Startseite » Argan Öl » Die Handpressung
In Marokko wurde bis 2007 der größte Teil der geernteten Früchte auf zwei sehr unterschiedliche Arten zu Arganöl verarbeitet. Die beiden Methoden unterschieden sich vor allem in ihren wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen auf die Berberfamilien.
Bei dieser Herstellungsweise wurden noch bis 2007 auf den Märkten und Souks gekaufte Früchte und Mandeln häufig ins Ausland transportiert und dort mit hoch effizienten Pressmaschinen maschinell gepresst. Der Ertrag an diesem Öl ist hoch, da mit viel Druck und Wärme das Maximum aus den kleinen Arganmandeln gepresst wird.
Für die heimischen Berberfamilien in der Region zahlte sich diese Methode allerdings nicht aus, da die Frauen „zu reinen Sammlerinnen und Kerne-Knackerinnen degradiert wurden“ wie die GIZ in ihrer Studie die sozialen Auswirkungen beschreibt.
Bei dieser alt hergebrachten handwerklichen Herstellungsweise werden von den Frauenkooperativen geerntete Früchte und Arganmandeln von Hand mittels Steinmühlen (ohne Maschinen) in den Dörfern und in Familienverbünden gepresst.
Heute besitzen die Kooperativen selbst kleine und große Schneckenpressen aus Edelstahl, die eine aufwendige Handpressung des Arganöls nicht mehr nötig machen. Sie produzieren ihr Öl selber und vermarkten es weltweit.
Die Berberfrauen sind Spezialistinnen in Sachen Arganöl, daher wurde Arganöl über jahrhunderte auch ausschließlich von ihnen in traditioneller Handarbeit hergestellt.
Nach dem Einsammeln der Früchte werden diese auf den flachen Dächern der Lehmhäuser getrocknet, um später die trockene Fruchthülle zu entfernen und die Kerne im Inneren freizulegen. Dabei werden fehlerhafte oder gar faule Argankerne sofort aussortiert, da sie das Arganöl geschmacklich verändern würden. Das Fruchtfleisch findet als hochwertiges Futter für das Hausvieh Verwendung. Von 100 kg Früchten bleiben etwa 30 kg Kerne übrig.
Die Argankerne, deren Schalen rund 12-mal härter als eine Haselnuss sind, werden zwischen zwei Steinen sorgfältig aufgeschlagen und die zwei bis drei kleinen zarten Mandelkerne entnommen. Die kleinen Mandeln werden von einer sie umgebenden Schutzhaut befreit und noch einmal sorgfältig gesäubert und nach Reinheit und Zustand ausgelesen. Aus den 30 kg Kernen können rund 3 kg Arganmandeln entnommen werden.
Für die Herstellung des gerösteten Arganöls (Gourmet-Speiseöl) wurden die kleinen Arganmandeln früher in Tonschalen über einem sanften Feuer mild und vor allem langsam geröstet um den fein-nussigen Geschmack des Öls zu erzeugen. Heute haben kleine Rösttrommeln die Arbeit übernommen, mit deren Hilfe der Röstgrad genau eingestellt und kontrolliert werden kann, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen.
Bei ungeröstetem Arganöl, wie es u.a. in der Naturkosmetik verwendet wird, entfällt die Röstung der Arganmandeln.
Die ölhaltige Paste wird unter Hinzugabe von kleinen Spritzern abgekochten Wassers wie ein Kuchenteig von Hand geknetet. Durch das nachhaltige Kneten wird nach ca. 30 Minuten das kostbare Arganöl langsam aus der Paste herausgelöst. Der übrig gebliebene Presskuchen hat noch einen Ölgehalt von rund 15 – 20 Prozent und dient als hochenergetisches Tierfutter.
Das Öl wird in Edelstahlbehältern aufgefangen und anschließend filtriert, organoleptisch (Geruch und Geschmack) kontrolliert und in Laboren analysiert.
Pro Arganbaum kann man ca. 4 – 6 kg Früchte ernten. Um einen Liter Arganöl herzustellen, werden ca. 30 kg Früchte, also die Ernte von ca. 5 – 7 Bäumen benötigt. Zusammen mit der mühevollen Arbeit des Aufschlagens der Kerne und der Handpressung arbeiten die Berberfrauen fast zwei Tage, um einen Liter handgepresstes Arganöl herzustellen. Im Vergleich dazu: Für einen Liter Olivenöl benötigt man lediglich 5 – 7 kg Oliven und weit weniger Zeit. Es ist also kein Wunder, wenn das original handgepresste Arganöl teurer als herkömmliche Öle ist.
Experten schätzen, dass pro Jahr nur etwa 350.000 Tonnen Arganfrüchte geerntet werden können (in regenarmen Jahren auch deutlich weniger) aus denen rund 11 Millionen Liter Arganöl hergestellt werden. Sehr wenig, wenn man dies mit den rund 2,4 Milliarden Litern Olivenöl vergleicht, die jährlich produziert werden. Auch das erklärt den relativ hohen Preis und die besondere Wertschätzung, die man original handgepresstem Arganöl entgegen bringt.
Die UNESCO beschloss im Januar 2015 UNESCO den Arganbaum und die traditionelle Herstellung des Arganöls mittels der einzigartigen Handpressung in die „Liste des dringend erhaltungsbedürftigen Immateriellen Kulturerbes“ (Lists of intangible cultural heritage and Register of best safeguarding practices) aufzunehmen.
„All diese kulturellen Aspekte – der Anbau des Baumes, das Extrahieren des Arganöls mittels Steinmühlen und Handpressung, die Vorbereitung von Rezepten und die daraus entstehenden Produkte leisten einen wichtigen Beitrag für den sozialen Zusammenhalt der verschiedenen lokalen Gemeinden …“ schreibt die UNESCO in Ihrer Begründung.
Auf der Liste stehen derzeit 38 kulturelle Ausdrucksformen und Handwerkstechniken aus 21 Ländern, die vom Aussterben bedroht sind.
In den letzten Jahren wurden wir immer wieder gefragt, ob sich die Qualität von handgepresstem Arganöl unterscheidet von maschinell hergestelltem Arganöl. Es gibt offensichtlich noch immer einige Arganöl-Anbieter, die behaupten, dass ihr Arganöl traditionell handgepresst und daher wertvoller sei.
Das sagt die AHK Deutschland dazu, die in Marokko den Wechsel im Herstellungsverfahren der letzten Jahre beobachtet und begleitet hat:
„Mit steigender Nachfrage wurde das Pressen der Arganmandeln durch mechanisches Pressen (Kaltpressung) abgelöst. Heute wird Arganöl in den Frauenkooperativen ausschließlich mit Edelstahlpressen mechanisch hergestellt. Kaltpressung erleichtert die schwere Handarbeit und erwirtschaftet einen höheren Ertrag. Die traditionelle Handpressung erfolgt nur noch für Touristen, wenn sie die Kooperativen auf den Rundreisen besuchen.“
Der Arganöl-Pionier Argand’Or Cosmetic hat Arganöl der beiden Pressmethoden in den letzten Jahren mehrfach von unabhängigen Labors analysieren lassen. Die Analysewerte beider Produktions-Verfahren zeigen keinen Unterschied. Inhalts- und Wirkstoffe der Öle sind identisch.